RSS Feed

Experiment. Mit Folgen?

6. Juni 2019 by Ulrike Schomerus

Einer der wichtigsten Termine meiner Woche ist der Freitagmorgen. Seit vielen Jahren treffe ich dann zum Beten für unsere Familien mit einer lieben Freundin und inzwischen sind wir sogar zu dritt.

Zusammen beten heißt für uns auch, uns auszutauschen, über das was uns bewegt, was uns Kummer macht, woran wir gerade zu kauen haben.   😉

So kommt es, dass wir uns auch schon mal über die Not unterhalten, die uns ungeputzte Fenster machen und die Unfähigkeit diese Not zu beenden, weil der Körper nicht so will wie wir.

Kürzlich erzählte ich bei einem solchen Gespräch meiner Freundin von meiner Faszination für die amische Lebensweise. Seit Teenagertagen beschäftige ich mich immer wieder damit. Etwas, was mich sehr beeindruckt, ist ihr Zusammenhalt, wenn es um größere Veranstaltungen geht. Findet ein Gottesdienst bei einer der Familien statt, so helfen schon Wochen vorher etliche Frauen der Gemeinschaft das ganze Haus, Schränke und Regale eingeschlossen, auf Hochglanz zu polieren. Gemeinsam wird dafür gesorgt, dass alle genug zu essen haben und gekocht und gebacken was das Zeug hält. Hochzeiten und Trauerfeiern sind Veranstaltungen, zu denen leicht mehrere Hundert Menschen zusammenkommen und immer wird gemeinsam vorbereitet. Niemand muss so etwas allein stemmen. Keine Hausfrau bleibt mit Vorbereitungen allein.

Meine Freundin lauschte meinen begeisterten Ausführungen geduldig und meinte anschließend ganz trocken: „Sollen wir das nicht auch machen? Fangen wir mit Deinen Fenstern an?“

Ich war beinahe ein bisschen überrumpelt. Mit dieser Reaktion hatte ich jetzt nicht gerechnet. Wir haben also einen Termin ausgemacht und tatsächlich in einem Rutsch alle Fenster im Erdgeschoss geputzt. Wir waren so in Schwung, dass wir im Anschluss direkt bei meiner Freundin weitergemacht haben.

Yeah!

Das hat sich gut angefühlt! Wir hatten Gemeinschaft und haben bei Lobpreismusik gearbeitet. Das hat uns regerecht beflügelt!

Ich frage mich seither was auf diese Art gelebte Gemeinschaft alles bewirken kann. Welche Kräfte könnten freigesetzt werden, wenn wir nicht alle stolz unser eigenens Süppchen kochen, sondern gerne Hilfe annehmen und Hilfe schenken? Auch, und vielleicht gerade, in den scheinbar kleinen Dingen.

Wann ist uns echte, gelebte Gemeinschaft abhanden gekommen? Warum fällt es uns schwer zuzugeben, dass wir manche Alltagsdinge eben nicht alleine schaffen? Warum fragen wir nicht, ob uns jemand einen Kuchen für die Geburtatgsfeier backen kann, oder backen sogar gemeinsam? Warum verabreden wir uns nicht, um zusammen die Küchenschränke auszuwaschen, anstatt diese Aufgabe immer wieder aufzuschieben, weil uns Zeit und Kraft fehlen? Warum entrümpelm wir den Keller nicht mit der Hilfe von Freunden und ärgern uns stattdessen wochen- (jahre-) lang über den Ballast? Was hat uns so stolz (oder ängstlich) gemacht?

Wenn mich jemand um Hilfe bittet, bin ich sehr gerne bereit nach Kräften einzuspringen und ich will mich darin üben auch selbst Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Ich weiß, dass gemeinsam arbeiten Freude bringt, Gespräche leichter macht und Gemeinschaft fördert. Wir wären doch dumm, wenn wir solche Möglichkeiten nicht nutzen, oder?

Dankbare, zuversichtliche, hoffnungsfrohe Grüße   😀

Ulrike

 

Share Button

2 Comments »

  1. Sigrid sagt:

    Deine Erfahrungen „lesen sich gut an.“
    Leider ist unsere heutige Lebensweise weit davon entfernt.
    Ich kenne das noch so aus Kindertagen. Da hat die Nachbarin meiner Mutter und Großmutter z.B. beim Einkochen und der Nachbar im Garten oder bei Reparaturen an Haus und Auto geholfen.
    In der heutigen Generation sind die Frauen wie die Männer berufstätig. Täglich werden dafür sogar bis zu 10 Stunden aufgewendet, weil die Wenigstens vorort einen Arbeitsplatz finden und Lebenszeit auf der Autobahn verschwenden.
    Früher arbeite mein Vater, Bruder und auch ich im Wohnort. Wir lebten mit 3 Generationen in einem Haus. Da war für Kinderbetreuung , Kochen und die Arbeit im Haushalt gesorgt und jeder half dem anderen.
    Wenn ich um Hilfe gebeten werden, freut mich das und springe ein, wenn es meine Zeit erlaubt. Ich denke das ist Nächstenliebe

    • Liebe Sigrid,

      Du hast recht, früher war es vielleicht tatsächlich ein bisschen einfacher und selbstverständlicher. Ich fühle schon lange, dass es unserer Gesellschaft schadet, immer höher, schneller, weiter zu wollen. Mein Bedürfnis zu den Wurzeln zurück zu kehren, wenn man so will, wird immer größer. Ein weites Feld… 😉

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.