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Gute Erinnerungen und schöne Aussichten

26. Mai 2020 by Ulrike Schomerus

„Die Forsythien stehen in voller Blüte. Die Blutpflaume auch.

Die Rosen warten darauf, dass ich sie schneide und das Hochbeet steht bereit, so dass ich Möhren und Radieschen aussäen kann.

Ab und zu kommt ganz verstohlen die Sonne hervor und vertreibt für einen Moment den Regen, der sich gefühlt schon seit Wochen breit macht.

Im Keller keimen sacht die ausgesäten Samen und ich freue mich jetzt schon darauf in wenigen Monaten wieder frisches Gemüse zu ernten.

Die Vögel zwitschern morgens bereits um die Wette und wenn ich die Rolläden hochziehe, ist es nicht mehr stockdunkel.

Es ist März. Seltsam. Hatten wir nicht gerade noch Dezember?

Die Natur und der Kalender belehren mich eines besseren und ich bin ehrlich gesagt ein bisschen erschrocken darüber.

Der Kalender steht voller Termine und es kommen jede Woche neue dazu. Das mag dazu beitragen, dass es mir vorkommt, als verfliege die Zeit und ich käme nicht mit.

Wenn ich meinen Kalender so durchblättere, sind es fast nur schöne Termine. (Mal abgesehen vom Termin beim Zahnarzt.   😉   ) Einige sind schon vorbei und viele andere liegen noch vor mir.

Im Januar hatte ich meine jährliche Auszeit in St. Peter. Dieses Mal mehr als eine Woche. Stille, Meer, Weite. Das war herrlich!

Im Februar war ich mehrmals unterwegs:

Mit dem Herzallerliebsten war ich in Augsburg, wo er sein Weihnachtsgeschenk eingelöst hat und wir eine, natürlich kulinarische, Stadtführung genossen haben.

Über das Karnevalswochenende hatten wir „Schwesternzeit“ in Holland. Alle fünf ein ganzes Wochenende zusammen! Das war ein großes Geschenk. Ich bin so dankbar für meine Schwestern, mit denen ich singen, Sorgen und Freude teilen, lachen und weinen kann. Danke, Ihr Lieben!

Direkt im Anschluss ging es mit dem Herzallerliebsten zu seiner Geburtstagsüberraschungsreise in die Pfalz. Das Wetter war schlecht, aber das Hotel war super und wir haben uns und unsere Auszeit sehr genossen.

Und, ich getraue es mich kaum zu sagen   😉   , in der nächsten Woche machen wir uns schon wieder auf. Ich weiß nicht wohin, denn dieses Mal habe ich Geburtstag und der Liebste überrascht mich.

Wer so viel unterwegs ist, muss seine Arbeit gut strukturieren, sonst kommt man nicht nach. Aber diese Reisehighlights beflügeln mich auch irgendwie. Gute Erinnerungen und schöne Aussichten sind prima geeignet meine Batterien aufzufüllen. Und mit gut gefüllten Batterien arbeitet es sich nochmal so gut.   😉

Davon abgesehen liebe ich was ich tue! Ich liebe es Menschen zu begleiten, die ihr Gewicht reduzieren möchten, sei es am Telefon, online oder persönlich. Ich liebe es Frauen (und Männer   😉   )durch Referate, oder Blogartikel zu ermutigen. Ich liebe Herausforderungen, zum Beispiel in Form der Fernschulausbuldung, die ich gerade mache. Ich liebe es mein Gemüse selbst zu ziehen und Wäsche zu waschen. Ich liebe es zu bügeln und unser Brot zu backen. Ich liebe eine saubere Spüle und blitzende Wasserhähne, ich liebe es zu kochen und zu backen, ….

Ich freue mich auf jeden Tag. Auf die ganz alltäglichen und die besonderen. Jeder Tag wird besonders, wenn ich liebe was ich tue. Und am Ende des Tages stelle ich fest: Es ist ein Tag gewesen, an den ich mich gern zurück erinnern werde.

Ich höre Dich gerade sagen: „Ach Ulrike, so einfach ist das aber nicht! Wenn Du meinen Alltag hättest! Wenn Du durchmachen würdest, was ich gerade durchmache!“

Ich weiß, dass es manchmal gar nicht leicht ist. Ich weiß, dass Du manchmal gar nicht lieben kannst, was Du tust. Ich weiß, dass Du nicht allezeit unterwegs sein kannst, um gute Erinnerungen zu schaffen.

Glaub mir, auch wenn das hier so aussieht, auch in meinem Leben gab und gibt es Dinge, die Du nicht erleben möchtest. Auch bei mir ist nicht immer alles leicht und schön. Auch ich kenne Tage (und Wochen) an denen ich meine Arbeit nicht liebe….“

Das klingt wie aus einem anderen Leben, nicht wahr?

Diesen Artikel habe ich am 2. März angefangen. Ich war noch nicht ganz fertig und außerdem wollte ich noch Fotos einfügen. Ich unterbrach, weil ich irgendetwas anderes, wichtiges zu tun hatte. Und dann….

Nun ja, Ihr wisst was dann kam. Wie einer meiner Söhne in unsere Whatsappgruppe schrieb:

„Corona ist der Gruppe beigetreten.“

Der Herzallerliebste und ich fuhren tatsächlich noch über meinen Geburtstag nach Usedom, aber schon während unserer Fahrt nach Hause fand  der erste Onlinegottesdienst unserer Gemeinde statt und wir zitterten, ob der Große rechtzeitig von einer Geschäftsreise nach Spanien zurückkommen würde.

Seither hat sich unser aller Leben verändert und irgendwie fand ich keine Worte zum Bloggen.

Für mich persönlich hat sich äußerlich nicht allzu viel verändert. Ich habe immer schon hauptsächlich zuhause gearbeitet und außer dem Lebe leichter Kurs, meinem Hauskreis und der Tanzstunde selten außerhäusige Termine. Und im Allgemeinen fühle ich mich zuhause sehr wohl.

Was mir allerdings sehr zu schaffen macht ist die Tatsache, dass ich meine drei älteren Kinder so gut wie gar nicht sehe, meinen Vater nicht besuchen kann und Menschen, die mir lieb und teuer sind teilweise seit Monaten nicht gesehen habe. Aber was erzähle ich? Es geht Euch ja allen ganz ähnlich.

In den ersten Corona-Wochen kam ich ganz gut zurecht. Fast alles war wie immer. Je länger es dauert, umso mehr macht es mir aber zu schaffen. Ich bin nah am Wasser gebaut, leide an chronischer Kindervermissung und Gemeindeentzug und versuche krampfhaft mir nichts anmerken zu lassen, denn schließlich geht es mir doch so gut: Ich habe ein schönes Zuhause, einen wunderschönen Garten, die Natur vor der Haustür, wir dürfen uns draußen bewegen und unsere Regierung handelt besonnen. Also:

„Reiß`Dich zusammen, Ulrike!“

Das Problem: Je mehr ich mich krampfhaft zusammenreiße und so tue als sei alles in schönster Ordnung, umso mehr befinde ich mich in einer Abwärtspirale und die Schwermut nimmt zu. Ich bin empfindlich wie eine Mimose und Kleinigkeiten bringen mich aus der Fassung. Aber wissen darf das niemand, denn schließlich geht es mir doch so gut und ich habe keinen Grund zu jammern. Von allem anderen mal abgesehen bin ich ja zudem auch noch Kind Gottes und als solches ist jammern ja wohl völlig unangebracht!

Oder nicht?

Ich halte andauerndes Jammern für gesundheitsschädigend    😉   .

Im Ernst: Menschen, für die das Glas immer nur halb voll ist, die in jeder Suppe ein Haar finden, die alles erstmal negativ sehen, schaden sich und anderen. Gesundheitsfördernd ist ein dankbares Herz und eine positive Sicht. Davon bin ich fest überzeugt.

Heißt das aber, dass ich keine negativen Gefühle haben darf?

Bedeutet das, dass ich mich schuldig mache, wenn ich mich eben doch mal so richtig schlecht fühle?

Beim Lesen meiner Bibel ist mir etwas aufgefallen:

Die Menschen der Bibel, ja sogar Jesus selbst, hatten genauso schlechte Tage wie ich. Auch sie haben Lebensumstände erlebt, die sie traurig gemacht haben. Auch sie hatten mal „den Papp auf“. Auch sie waren schwermütig.

Hätten sie es für sich behalten und so getan als sei alles in Ordnung, hätten sie immerzu gejubelt und gesungen, egal wie schlecht es ihnen ging, hätte ich vermutlich nichts bemerkt. So aber stelle ich fest:

Es ist okay, wenn ich traurig bin!

Ich darf weinen, weil ich meine Lieben vermisse!

Ich darf trauern darüber, dass ich den Gottesdienst nicht mit den Gemeindegeschwistern zusammen feiern kann!

Es ist okay, wenn mich die ganze Situation manchmal überfodert!

Ich habe entschieden mich von: „Das darfst Du nicht!“ zu verabschieden und es stattdessen mit den Menschen der Bibel zu halten und meine Gefühle Gott hinzuhalten, sie ihm zu sagen.

Alle.

Ausnahmslos.

Was ich bekomme ist kein billiger Trost, sondern Verständnis.

Was ich ernte ist nicht Verurteilung, sondern Annahme und Mitgefühl.

Also weg mit der Scham und aussprechen was ist.

Das befreit mich. Das macht es mir leicht.

Das sind schöne Aussichten, auch wenn ich, als ich im März den Titel für diesen Blogpost schrieb, ganz andere Aussichten gemeint habe.   😉

Allerliebste Grüße

Ulrike

 

 

 

 

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