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Steine-aus-dem-Weg-Räumerin

21. Mai 2014 by Ulrike Schomerus

Vor beinahe 25 Jahren habe ich meinen Krankenschwester-Job aufgegeben. Von Herzen gern. Ohne eine Träne der Wehmut. Ich habe ihn gegen einen Fulltime-Job als Steine-aus-dem-Weg-Räumerin eingetauscht. Mit jedem neuen Minipersönchen, das über die Jahre in unsere Familie kam, wuchs mein Arbeitspensum. Je älter die Minipersönchen wurden, je mehr sie mir über den Kopf wuchsen, umso schwerer die Steine. Ich bin ehrgeizig, deshalb habe ich mir ordentlich Muskeln antrainiert. Trotzdem dachte ich manchmal: „Ich kann keinen einzigen Stein mehr bewegen.“

Seit geraumer Zeit quält mich der Verdacht, dass der Job, den ich da ausübe, gar keiner ist. Ich fürchte, ich habe diesen Job selbst geschaffen und kurz vor meinem silbernen Dienstjubiläum bin ich mir zu hundert Prozent sicher:

DIESER JOB IST ABSOLUT ÜBERFLÜSSIG!

Wie ich darauf komme? Vor einigen Wochen fragte mich eine Kursteilnehmerin, wie ich zu dem Menschen geworden sei, der ich heute bin. Da hatte ich einiges nachzudenken!

Mein Ergebnis: Mein Schöpfer hat mich schon als ich erst ein Wunschgedanke war, mehr geliebt, als meine Eltern es je gekonnt hätten. Während diese sich damit abmühten ihre Tätigkeit als Steine-aus-dem Weg-Räumer zu perfektionieren, ließ er die Steine liegen. Nicht, dass er sie nicht hätte wegräumen können! Ein einziges Wort von ihm und sie wären von selbst weggerollt! Er hat die Steine dennoch liegen lassen. Manchmal habe ich mir an ihnen weh getan. Manchmal bin ich gestolpert und hingefallen. Jedes Mal hat es ihn mehr geschmerzt als mich. Er hat mir die Hand hingehalten, damit ich wieder aufstehen kann, er hat mit mir geweint und mir dann die Tränen abgewischt. Er hat mir Mut zu gesprochen und dann konnte ich weiter gehen. Er wusste genau: „Wenn ich ihr diese Steine wegnehme, kann sie nicht so werden, wie sie werden soll. Wie soll sie lernen, wenn ich ihr alles abnehme?“

Ich bin auf dem Weg. Ich werde mich wieder an Steinen stoßen. Ich werde wieder hinfallen. Und ich werde wieder an seiner Hand aufstehen und weitergehen und immer mehr zu dem Menschen werden, der hier gerade noch gefehlt hat. 😀  Immer mehr zu dem, den er sich vorgestellt hat.

Was ich daraus schließe?

1. Die Minipersönchen, die Gott mir anvertraut hat, und die allesamt schon jetzt wunderbare Persönlichkeiten sind, werden besser lernen, wenn ich meinen Job als Steine-aus-dem Weg-Räumerin endlich aufgebe.

2. Der, der sie mehr liebt, als ich es je könnte, hat ein Auge auf sie. Wenn es mir beinah das Herz zerreißt, schmerzt es ihn noch viel mehr. Er hilft ihnen auf, weint mit ihnen und trocknet ihre Tränen und am Ende werden sie immer mehr zu den Menschen, die er schon vor Augen hatte, als sie noch unsere Wunschgedanken waren.

Also: ICH KÜNDIGE MIR SELBST!

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2 Comments »

  1. Sandra sagt:

    Hhhmmmm.
    War heute von 14 bis 20 Uhr nur damit beschaeftigt Schul-Brocken zu ruetteln und habe zwei Kinder angetrieben, sie sich selber ein Stueck vom Weg wegzuschaffen.
    Hatte schlechte Laune, war Kontrolleur, alles sinnlos.
    Ohne mich waer es wahrscheinlich auch nicht schlimmer. Haette nur das abarbeiten koennen, was auf meiner Liste stand.
    Und habe das wirklich Wichtige aus den Augen verloren.
    Alle gesund und bei mir! Was fuer ein Glueck.

    Liebe Gruesse (laeuft doch tatsaechlich ne Traene) Danke !!!

    • Ich schicke Dir einen Arm voll Brusttee! NICHTS ist sinnlos! Deine Kinder lieben Dich und wir Steine-aus-dem-Weg-Räumerinnen haben jemanden, der uns die Hand hinhält zum Aufstehen (und ein Taschentuch zum Tränen abwischen)! 😀

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